Hilli Hassemer

Federlesen
Hilli Hassemer, 2019

Blickt man auf die Arbeiten der letzten Jahre, so widmet sich Hilli Hassemer mehr und mehr der Linie in ihren Malereien. Sie entstehen gar auf unterschiedlichste Weisen, sind in Farbbahnen geflossen, zart mit der Hand aufgetragen, oder im Rakelverfahren hergestellt. Linien kreuzen und durchdringen sich zu anarchischen, amorphen, netzartigen Gebilden, – oder sie schießen gerade wie Webfäden von allen vier Seiten über die Leinwand und bilden stofflich dichte Oberflächen.

 Webfehler, Gewebeschwächen, Verlaufungen, Verschwimmungen, Verflossenes, stehen für das Verletzliche und Vergängliche. Die trügerische Ordnung erfährt in Hassemers Arbeiten Störungen, die jedoch gerade die Schönheit des Gesamtbildes ausmachen. „Faden verloren“ oder „Verfranst““ sind Bildtitel, die diese Unperfektion feiern.

 Hassemers Bilder haben immer etwas mit ihrem Verhältnis zur Welt zu tun.

 Sie richtet ihren Blick auf das Verschwinden und Werden und findet in geteerten Flickwerken von Strassen,  gestopften Socken und  brüchigen Geweben die Metaphern für die inneren und äußeren Erfahrungswelten des Menschen.

 Die Beziehung von Wort und Bildsprache werden lustvoll erprobt, die Titel sind den Bildern zur Seite gestellt, korrespondieren oder persiflieren das Dargestellte. Sigmar Polkes „Höhere Wesen“ halten hinter den Kulissen sowieso die Fäden…